“Spiel erfordert oft Mobilisierung. Damit es nicht in Aggressivität umschlägt, muss Face-to-Face-Interaktion stattfinden“ - Stephen Porges - Professor für Psychiatrie und Biomedizintechnik
Alle Säugetiere verfügen über ein System für soziales Engagement, dass der Regulierung des Kampf - Flucht - Verhaltens dient. Ist dieses System abgeschaltet oder blockiert, ist die Wahrnehmung, ob Freund oder Feind im Anmarsch ist, getrübt und auch das Gegenüber kann darauf hin irritiert reagieren.
Daher ist es so wichtig, dass Hunde, besonders während ihrer Entwicklung, auch ihr Nervensystem ausbilden können. Körpersprache ist mehr, als nur bestimmte Bewegungen zu erlernen. Besonders für die Kommunikation ist es wichtig über bestimmte Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu verfügen. Beim Spiel ist der Blickkontakt entscheidend oder wenn dies nicht geht, die Stimme. So signalisieren sie einander, dass es nicht gefährlich ist, mit ihnen zusammen zu sein, d.h. sie können zusammen rumtoben ohne sich zu verletzten.
Während man früher der Annahme war, dass Spielen nur dem Einüben von Jagdsequenzen oder dem Kampf- / Fluchtverhalten dient, so weiß man heutzutage, dass das Spiel vor allem dazu dient, Fähigkeiten zu entwickeln, die der Regulation des Körperzustandes dient (Aufregung - Entspannung / Mobilisierung - Immobilisierung).
Erwachsene Hunde spüren es, wenn die Jungen zu sehr aufdrehen und unterbrechen das Spiel, bleiben aber in Kontakt bis sich die Nerven wieder beruhigt haben. Denn Säugetiere brauchen Artgenossen, um ihre Körperzustände regulieren und überleben zu können.
Dies können Welpen jedoch nicht von anderen Welpen lernen, sondern nur von gut sozialisierten erwachsenen Hunden. Welpen schaffen es noch nicht, sich selber zu regulieren, geschweige denn, jemanden anderes zu beruhigen. Daher kippt das Spiel unter Welpen oftmals und endet in Mobbing, Flucht, Kampf und Stress. Welpen brauchen unbedingt Vorbilder von denen sie lernen und daran wachsen können. Das Spiel sollte daher vielmehr als neuronale Übung angesehen werden, die die Fähigkeit schult, zwischen verschiedenen physiologischen Zuständen zu wechseln und somit die Resilienz zu fördern.
Befindet sich ein Hund im Kampf / Flucht Modus, ist er gegen soziale Interaktionen immun. Daher sollte bei Hundekontakten immer darauf geachtet werden, dass eine Face-to-Face-Kommunikation stattfinden kann, damit das Gehirn in einen Zustand der Sicherheit versetzt wird, um sich entspannt auf das Gegenüber einlassen zu können.
Auch der Mensch ist ein Säugetier und sollte daher im Kontakt mit einem Hund auf eine freundliche Kommunikation achten. Genauso sollte der Mensch als potentieller Spielpartner auch immer darauf achten, dass ein Spiel ein Spiel bleibt. Puscht sich ein Hund während des Spiels zu hoch, liegt es an uns, dies wieder liebevoll zu regulieren. Den Hund für eine Reaktion des Nervensystems zu bestrafen macht überhaupt keinen Sinn. Im Gegenteil, fehlen dem Hund sogenannte Coping / Anpassungsstrategien oder haben wir einfach die Grenzen übersehen, so liegt es auch an uns, einem Hund wieder einen sicheren Rahmen zu geben.
Wie schlecht heutzutage Hunde reguliert sind, sieht man an der ansteigenden Zahl von hyperaktiven, distanzlosen und impulsiven Hunde, die über eine sehr geringe Frustrationstoleranz verfügen.